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Die höchst widersprüchlichen Aussagen von OB Dr. Spies zu Görzhausen IV

Es wäre eigentlich Zeit für ein Sommerinterview: Was meint der OB, wenn er sagt ...,
was will er tatsächlich? Sind die vielfachen Hürden tatsächlich allesamt kein Problem? 

 

Fazit:

OB Spies will durch das RP Gießen eine 24 ha (Gewerbe- und Industrie) „Potenzialfläche“ Görzhausen IV in Dagobertshausen in unmittelbarer Nähe zum reinen Wohngebiet ausweisen lassen, mit der er Investoren, die laut Pharmaserv einen dringenden Bedarf für die Weiterentwicklung von GH I, II und III vor Ort haben, für eine ganz andere weiter entfernte Fläche (z.B. Spiegelshecke) anwerben will. Es wirkt wie ein unausgereiftes, nahezu paradoxes Gedankenspiel. Laut OP vom 25.03.2024 hat OB Spies im Frühjahr noch das Gegenteil verkündigt: „Auf „Görzhausen IV“ verzichten könne man aber nicht, da Lahntal „nicht in der Kontinuität des Pharmastandorts stehen“ würde, entgegnet Spies. Heißt: Als Expansionsfläche für Bestandsfirmen wie CSL, Biontech oder GSK komme Goßfelden nicht in Frage – für Neuansiedelungen aus zumindest verwandten Branchen sehr wohl.“ Nun soll die Potenzialfläche lt. jüngster Verlautbarung – auch längerfristig – gar nicht bebaut werden. Wenn aber doch, dann wird bereits jetzt für die beabsichtigte Zwischennutzung als Freiflächenphotovoltaikanlage (25 Jahre Betriebsdauer) ein Verlustausgleich in Aussicht gestellt. Und den alarmierten Bürger/-innen von Dagobertshausen wird für diesen (unwahrscheinlichen?) Fall bereits heute versprochen: Die Pharmabranche sei im Hinblick auf Lautstärke, Müll und Umfang des Lieferverkehrs unkritisch und mit einem Grüngürtel könne man das Gewerbegebiet „praktisch verbergen". Görzhausen IV wäre für Dagobertshausen kaum wahrnehmbar.“
Klimanotstand, Flächenversieglung, Waldrodung, Biotop, Natur- und Umweltschutz? Ebenfalls alles kein Problem. Dass nach Aufnahme von GH IV in den Regionalplan Mittelhessen zu einem Gewerbe- und Industriegebiet umgewandelt wird – sodann eigentlich Ausschlusskriterium für eine Solar-Nutzung nach Zielen des Teilregionalplans Energie Mittelhessen 2016 ­– auch kein Problem, das nennt sich einfach solare Zwischennutzung. Obwohl Gewerbeflächen, so die Marburger Stadtplanung noch im Jahr 2022, vom städtischen PV-Plan ebenso ausgenommen seien wie Äcker mit guten Böden zur Nahrungsmittelproduktion. Evtl. kritische Einwände der anstehenden strategischen Umweltprüfung bei RP Gießen – vielleicht dann auch kein Problem!

 

Wer soll das alles glauben? 

 

Sofern Spies nicht völlig planlos agiert, versucht er mit dieser Kommunikations- und Vernebelungstaktik Wirtschaftsinteressen, Politik und Bürgerschaft zu entsprechen, sich den jeweiligen Stimmungstrends anzupassen und die öffentliche Meinung zu beeinflussen.

 

OB Spies hält sich alle Optionen offen und die Bewohner/-innen von Dagobertshausen für nicht bei klarem Verstand!?

„OB Dr. Spies betont wiederholt die Vorläufigkeit und Unkonkretheit einer zunächst „rein theoretischen Erweiterung des Pharmastandorts in der ferneren Zukunft“. Diese Nachmeldung bedeute erstmal nur, dass das Regierungspräsidium Gießen als „Herr des Verfahrens“ prüfe, „ob die Stadt überhaupt darüber nachdenken dürfe, hier eine Gewerbefläche zu entwickeln“. Vielleicht würde gar keine Bebauung kommen. Er wisse, dass das Vorhaben eine Zumutung für Dagobertshausen sei. Die Pharmabranche sei jedoch im Hinblick auf Lautstärke, Müll und Umfang des Lieferverkehrs unkritisch und mit einem Grüngürtel könne man das Gewerbegebiet „praktisch verbergen". Görzhausen IV wäre für Dagobertshausen kaum wahrnehmbar.“ 

(Unzensierter Protokoll-Entwurf zur Ortsbeiratssitzung vom 13.03.2024, 
auf https://www.dagobertshausen.website/ortsbeiratsarbeit/ veröffentlicht)

 

Mehrdeutige Ziele von GH IV – von vagen Ideen, handfesten Strategien hin zum Werbemittel 

Die Ziele zur Nachmeldung des 24 ha Gewerbe- und Industriegebiets Görzhausen IV werden von OB Spies mehrdeutig umrissen. Einerseits sind es eher vage Ziele, die den Charakter vorläufiger Ideen haben wie z.B. „Erweiterung des Pharmastandorts in der ferneren Zukunft“. Andererseits werden unternehmerische und wirtschaftliche Interessen eingesprenkelt: „unzweifelhafte Entwicklungs-
perspektive für Unternehmen schaffen … langfristig Investitionen am Standort sichern … Gewerbesteuereinnahmen … Wohlstandssicherung künftiger Generationen.“  
(Pressemeldungen, Website Stadt Marburg, Verlautbarungen in Gremien etc.). 

 

Nach erheblicher Kritik durch die Bürgerschaft, Beschluss des Ortsbeirats vom 13.03.2024, Stellungnahmen der Umweltvereinigungen NABU e.V. und BUND e.V. und der BI Kein Görzhausen IV – STOPP den Flächenverbrauch e.V. lässt die Stadt verlautbaren (OP am 29.03.2024): Die Marburger Stadtplanung hat zuletzt immer wieder betont, dass „Görzhausen IV“ nur als große Gewerbefläche, aber eigentlich auch längerfristig nicht bebaut werden soll. Vielmehr soll das Gebiet, sofern es ab Herbst 2024 überhaupt in den Regionalplan aufgenommen wird, nur als eine Art Werbemittel dienen. „Wie die OP berichtete, erklärte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies (SPD) das Vorhandensein einer solchen Fläche als strategisches Mittel des Magistrats, um in Gesprächen mit international tätigen Konzernen eine große Potentialfläche vorweisen zu können, diese aber von anderen Standorten, wie zum Beispiel dem neuen Interkommunalen Gewerbegebiet „Spiegelshecke“ überzeugen zu können.“

 

Intransparenz des Stellenwerts der Nachmeldung – Vorfestlegungen mit RP Gießen

Mit dem Ansatz eines reinen Gedankenspiels „Es gehe erstmal nur darum, der Regionalversammlung eine Anregung zu unterbreiten“ versucht OB Spies die Nachmeldung möglichst niedrig zu hängen. Dabei wird beschönigt und verniedlicht, wohlwissend, dass sie eine weichenstellende Vorentscheidung beinhaltet. Es liegt auf der Hand, dass die Planabsicht der Stadt bereits im Februar dieses Jahres mit dem RP Gießen vorabgestimmt und zur Entscheidungsreife gebracht worden ist. (s. Beschlussvorlage VO/1791/2024 22.03.2024)

https://www.marburg.de/allris/vo020?VOLFDNR=1002818&refresh=false&TOLFDNR=1012469

 

Freiflächenphotovoltaikanlage – solare Zwischennutzung – Ankauf, Pachten eines Grundstücks?

In der Gemarkung Dagobertshausen ist lt. Beschluss der Stadtverordnetenversammlung (VO/1791/2024) ein Gebiet von ca. 24 ha gegenüber dem Regierungspräsidium zur Prüfung im Rahmen der Regionalplanung als mögliche Potenzialfläche für Gewerbe mit einer Zwischennutzung
als solare Energienutzung vorgesehen. Dem Magistrat der Universitätsstadt Marburg liegt ein Antrag auf eine Flächennutzungsplanänderung für das Gebiet vor, da die Stadtwerke Marburg gemeinsam mit weiteren Partnern eine auf
 25 Jahre Betriebsdauer ausgelegte, rd. 8 ha große Freiflächenphotovoltaikanlage errichten wollen. Mit einer Inbetriebnahme wird, die Zustimmung der kommunalen Gremien vorausgesetzt, im Jahr 2025 gerechnet. Die 24 ha befinden sich im Eigentum von sechs unterschiedlichen Personen und Organisationen. Die zentrale und größte Fläche mit rd. 8 ha befindet sich im Eigentum einer Person.

Sollte es, entgegen dem gemeinsamen Interesse der Beteiligten, durch eine Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung bereits vor Ablauf der 25 Jahre zu einer Umnutzung der Fläche als Görzhäuser Hof IV kommen, würde der Betreibergesellschaft ein finanzieller Schaden entstehen, der entsprechend durch die Universitätsstadt Marburg auszugleichen wäre. Um diesen potenziellen Schaden vorab zu bemessen, wurden seitens der zukünftigen Betreibergesellschaft die vorhandenen internen Berechnungen dargelegt.

 

Ist die Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG), die die Grundstücke rund um das Industrie- und Gewerbegebiet Görzhäuser Hof betreut und in deren Eigentum sich bereits große Flächen befinden, vielleicht – an der Öffentlichkeit vorbei – in Sachen Grundstücksankauf schon tätig geworden?


Beitrag zum Ortsbeirat Dagobertshausen von MIO e.V. Marburg


Bericht Lokale Agenda Nachhaltige Stadtentwicklung am 27.06.2024

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Bericht LANSE 27.06.2024.pdf
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Narrative (Teil 1) – Wie die Magistratsspitze die Situation Dagobertshausens erzählt ...

Dagobertshausen war ursprünglich mal ein ganz kleiner ruhiger Ort. Vielleicht haben sich das manche auch ausgesucht und dafür in Kauf genommen, dass es keinen Kindergarten und keine Schule gibt und die Busverbindung schlechter ist … Dann ist irgendwann ein Hof verkauft worden … mit sehr viel Aufwand hergerichtet worden und der Hof hat jetzt eine große Scheune und darin kann man größere Veranstaltungen machen und das ist viel besser gelaufen als je einer angenommen hat als es losging, muss man wissen. Dann gibt es bei den Besitzern eine Affinität zu Pferden, deswegen haben die dann irgendwann einen großen Reitstall gebaut. Das ist so Schritt für Schritt gewachsen – das war alles vor meiner Zeit … Da ist nicht ein Plan da gewesen, wir setzen jetzt ein Eventzentrum ins ruhige beschauliche Dagobertshausen. Das hätte ja nie ein Mensch gemacht, sondern da gab es Schrittchen für Schrittchen … dadurch hat sich für den kleinen Ortsteil Dagobertshausen eine Spannung ergeben, mit der vorher glaube ich keiner gerechnet hat als das losgegangen ist. Diese Frage muss man jetzt lösen; man muss gucken, wie sorgt man dafür, dass die Interessen der Dagobertshäuser so gut wie möglich gewahrt werden. Zum Beispiel, indem man draußen keine laute Musik machen kann, indem regelmäßig die Polizei, also das Ordnungsamt kommt und misst … Also man hört die dann, aber man hört sie nicht lauter als die Vögel, es ist halt kein Vogel … Ich glaube, wir sollten ´mal zu einem abgeschlossenen Plan kommen, ja, was eigentlich noch drin sein soll und was nicht und dann ist auch ´mal gut. Man muss da ´mal zu einer Klärung kommen und einmal endgültig abschließend sagen …“ 

(O-TON, OB Dr. Thomas Spies, Vorortdialog Elnhausen - Dagobertshausen 30.09.2020)


Weitere O-Ton-Aussagen von Magistratsmitgliedern 2012 - 2024


Einige Fakten:

  1. Das Wohngebiet Dagobertshausens umfasst rd. 17 ha mit 360 Einwohnerinnen und Einwohner im Jahr 2024 (gegenüber 438 Einwohner/-innen im Jahr 2010)
  2. Der Hofgutkomplex und die Reitsportanlage – rd. 40 genehmigte Bauanträge – umfassen rd. 9 ha; hinzu kommen umfangreiche Acker- und Waldflächen.
  3. Trotz hinreichender Kenntnis der strukturellen Veränderungen und Nutzungskonflikte hat die Stadt bisher weder intervenierend noch regulierend mit dem Ziel einer ausgewogenen Stadtentwicklungsplanung eingegriffen.
  4. Die städtebauliche Fehlentwicklung wird durch die geplante Ansiedlung des 24 ha großen Industriegebiets Görzhausen IV extrem verschärft.
  5. Durch den Strukturwandel wird der Lebens- und Wohnort Dagobertshausen sukzessive verdrängt.

Bericht Sitzung des Bau- und Mobilitätsausschusses am 08.05.2024

hier: Tagesordnungspunkte

- Rahmenplanung für den Stadtteil Dagobertshausen VO/1920/2024

- Abriss der Scheune Hof Mengel

 

  1. Vorlagen zur Expansion des Pharmastandortes Görzhausen: Die drei Vorlagen zu Görzhausen I – Parkhauszwischennutzung – (Satzungsbeschluss), Görzhausen II (Feststellungsbeschluss), Görzhausen III (Satzungsbeschluss) wurden erwartungsgemäß von allen Fraktionen – außer den beiden Linken-Fraktionen – beschlossen.
  2. Zum Rahmenplan für den Stadtteil Dagobertshausen trägt OB Dr. Spies (SPD) vor: Verweis auf die vorangegangene Moderation („Runder Tisch“), „erfolgreiche und wünschenswerte Entwicklung“, inzwischen „sehr beruhigte Lage“ etc. Dank i.d.Z. an OV Reckling. Ziel Rahmenplan: „Möglichst umfangreich einvernehmliches“ Ergebnis unter Einschluss aller Beteiligen (also auch der Geschäftsführungen Hofgut etc., die bereits zugesagt haben).
  3. Rahmenplan Dagobertshausen: Fr. Bauder-Wöhr (Marburger Linke) fragt nach dem Ausstieg bzw. Wegzug von Herrn Rautenberg. Ich melde mich zu Wort, stelle mich vor, korrigiere den angeblichen Wegzug und biete weitere Auskünfte an. Frau Bauder-Wöhr bittet darum, mir das Wort zu erteilen. Der Ausschussvorsitzende Hr. Heck (CDU) lehnt ab mit der Begründung, dass ich dem Ortsbeirat nicht mehr angehöre. Frau Bauder-Wöhr (Marburger Linke) stellt weitere Fragen zur Verbindlichkeit des Rahmenplans. 
    Frau Bastian (Die Linke) stellt fest, dass der Rahmenplan 15 Jahre zu spät käme und stellt auf die aktuell neu hinzu gekommenen Belastungen für den Ort ab (Görzhausen IV und weitere Erweiterungen durch Investor Pohl. Außerdem fehlten in der Vorlage Terminvorgaben. OB Dr. Spies (SPD) sieht keine Eilbedürftigkeit: Erst Rahmenplan dann Baurecht schaffen. Stadtrat und Baudezernent Dr. Kopatz (Klimaliste Marburg) empfiehlt: Vergangenheitsbewältigung beenden und in die Zukunft schauen. Ergebnis der Abstimmung: Einstimmigkeit für Erstellung einer Rahmenplanung.
  4.  Abriss der Scheune Hof Mengel OB Dr. Spies trägt vor, dass der Bauherr (Fam. Pohl) nach der Baugenehmigung eines Hotelkomplexes (ehemaliger Hof Mengel) im März 2021 sodann im März 2023 einen Antrag zum Abriss der Scheune gestellt, der vom Denkmalschutz im April 2023 abgelehnt worden sei. Dagegen habe der Bauherr Widerspruch eingelegt. Diesem Widerspruch habe der Magistrat mit Beschluss vom 19.02.2024 abgeholfen. Dafür sei ein neues Angebot des Bauherrn entscheidend gewesen, wonach er anstelle des Hotels ein Boardinghouse bauen zu wollen. Damit habe der Bauherr „zu Gunsten des Dorffriedens“ auf den bereits genehmigten Hotelbetrieb und damit auf wirtschaftliche Interessen verzichtet. Danach hat die Bauaufsicht eine Abrissgenehmigung erstellt. Herr Reckling stellt fest, dass vor dem Abriss keine weitere Information/Beteiligung des OBR stattgefunden habe. Man sei also vom Abriss überrascht gewesen. Stadtrat Dr. Kopatz (Klimaliste Marburg) verweist dazu auf den zuvor benannten Beschluss vom 19.02.2024. Die Sachlage sei somit bekannt gewesen.
  5. Denkmalschutz: Die Linken tragen denkmalschutzrechtliche Bedenken zum Abriss der Scheune vor. OB Dr. Spies (SPD) nahezu wörtlich dazu: Ihm sei der Dorffriede wichtiger als der Denkmalschutz. Mithin sei der Abriss und die Genehmigung des Boardinghouse-Konzepts auch ein Ausfluss aus der vorangegangenen erfolgreichen Moderation zum Zwecke der Wiederherstellung des Dorffriedens. Herr Reckling bezweifelt sogar (in seiner Funktion als Ortsvorsteher), ob die Scheune überhaupt denkmalgeschützt gewesen sei (Hinweis d. Verf.: Warum hat die Denkmalschutzbehörde den Abriss dann noch im April 2023 abgelehnt?). Herr Reckling meint, der Denkmalschutz hätte sich nur auf das Ensemble (Dreiseitenhof Mengel) bezogen, ein Boardinghouse, das diesem architektonischen Konzept entspräche, würde dem Denkmalschutz also nicht entgegenstehen.

Thomas Rautenberg (Dagobertshausen)

 


Bericht Lokale Agenda Nachhaltige Stadtentwicklung am 02.05.2024

u.a. öffentliche Zugänge zu aktuellen Themen der Stadtpolitik bei Stadt, Kreis, RP Mittelhessen und anderen öffentlichen Quellen - Anleitungen zur Praxis

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Bericht LANSE_20240502HJF_20240508.pdf
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Beitrag zu Dagobertshausen von MIO e.V. Marburg